Forderung 4: Erlasse zur progressiven Auslegung der aktuellen Regelwerke
Nach Analyse des ADFC NRW können Erlasse der Landesregierung helfen, knappe Personalressourcen in den Planungs-, Ordnungs- und Verkehrsämtern der Kommunen zu schonen.
Herausforderung: Enger und unklarer rechtlicher Rahmen
Forderung: Erlasse zur progressiven Auslegung der aktuellen Regelwerke
Beschreibung: Das MUNV hat in jüngster Zeit wichtige Maßnahmen ergriffen, damit aufbauend auf dem aktuellen Gesetzesrahmen Verbesserungen für den Radverkehr herbeigeführt werden können (Schulstraßen, Hindernisse). Es besteht an vielen weiteren Punkten die Notwendigkeit und die Möglichkeit, durch Rundschreiben und Erlasse die Verwaltungen zu informieren und zu animieren, die gültigen Regelwerke progressiv auszulegen.
Beispiele sind:
- Das Land konkretisiert die bislang unbestimmten Standards für Fahrradstraßen.
- Hilfestellungen und Klarstellungen zur Einführung von Tempo 30 (Kontext: Klimaschutz, städtebauliche Ziele, besondere Gefahrenlagen, StVG und StVO-Reform 2024, Lärmaktionspläne).
- Prüfpflicht zur Beschleunigung des Umweltverbunds auf mehrstreifigen Straßen (in Fahrtrichtung) innerorts.
- Freie Sichtfelder in Kreuzungsbereichen für einen sicheren Fuß- und Radverkehr. Durch bauliche Lösungen kann nachhaltig eine fehlerverzeihende Infrastruktur in Kreuzungsbereichen geschaffen werden.
- Kommunen erhalten vom Land Handlungsanweisungen zum Umgang mit Falschparken.
- Klarstellung zur Prüfung der Infrastruktur auf Verkehrssicherheit bei Sanierungsarbeiten/Umbauten im Bestand.
Wirkweise: Die Erlasse schaffen mehr Rechtssicherheit für die Kommunen und den Landesbetrieb Straßenbau, erweitern Handlungsspielräume und beschleunigen Abstimmungsprozesse. Damit kann das Land auch der „Umsetzungsinitiative“ der AGFS den notwendigen Impuls geben.
Erlasse und Rundschreiben der Landesministerien bieten Kommunen durch ihre Klarstellungen die notwendige Rechtssicherheit bei der Anwendung der Bundesgesetzgebung.
Beispiel: Erfolgreicher Erlass zu Falschparkern in Baden-Württemberg
Für das Parken gibt es eigentlich klare Regeln (z.B. nicht in Kreuzungsbereichen, nicht zu nah an Zebrastreifen, nicht an einer Bushaltestelle oder abgesenkten Bordsteinen). Die Parkenden halten sich aber nicht immer daran. Für manche Kommunen ist es herausfordernd, mit Falschparkern konsequent umzugehen. Das Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg konnte durch einen Erlass den Kommunen mehr Klarheit bei der Verfolgung solcher Ordnungswidrigkeiten.
Ein Auszug aus diesem Erlass demonstriert den klarstellenden und bekräftigenden Charakter für die Kommunen:
Für Radwege gilt: die Sicherheit der RadfahrerInnen kann regelmäßig nur durch Abschleppen wiederhergestellt werden. Polizei und Ordnungsbehörde dürfen in einem solchen Fall sofort abschleppen lassen. Das gilt auch, wenn das Fahrzeug nur teilweise auf dem Radweg geparkt ist. Das gilt sogar dann, wenn es sich bei dem blockierten Verkehrsweg um einen von untergeordneter Bedeutung handelt und damit die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass ein Berechtigter an der Nutzung gehindert wird (Münchener Kommentar/Kettler, StVO, § 41 Randnummer 37).
Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr, S. 13f
Der Erlass wurde 2020 veröffentlicht. Die Kommunen haben durch den Erlass mehr Klarheit in der Umsetzung und Anwendung von Sanktionsmöglichkeiten und können zu einer besseren Durchsetzung von geltendem Recht animiert werden. Der „Falschparker-Erlass“ zeigt insbesondere den willigen Kommunen einen klaren Weg auf, wie mit der Umsetzung von geltendem Verkehrsrecht umzugehen ist. Den Regierungspräsidien (vergleichbar der Bezirksregierungen in NRW) gibt der Erlass darüber hinaus Klarheit im Umgang mit Kommunen, die zu wenig gegen Falschparken unternehmen.